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LWahlG NRW  
Landeswahlgesetz NRW

Öffentliches RechtVerfassungsrecht

Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

(1) Der Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten und eine Zweitstimme für die Wahl einer Landesliste. Er gibt seine Stimmen geheim ab.
(2) Der Wähler gibt
  1. 1.
    seine Erststimme in der Weise ab, dass er durch ein auf den Stimmzettel gesetztes Kreuz oder auf andere Weise eindeutig kenntlich macht, welchem Bewerber eines Kreiswahlvorschlages sie gelten soll,
  2. 2.
    seine Zweitstimme in der Weise ab, dass er durch ein auf den Stimmzettel gesetztes Kreuz oder auf andere Weise eindeutig kenntlich macht, welcher Landesliste sie gelten soll.
(3) Der Wähler faltet daraufhin den Stimmzettel in der Weise, dass seine Stimmabgabe nicht erkennbar ist, und wirft ihn in die Wahlurne.
(4) Der Wähler kann seine Stimmen nur einmal und nur persönlich abgeben. Eine Stimmabgabe durch einen Vertreter anstelle des Wählers ist unzulässig.
(5) Ein Wähler, der des Lesens unkundig oder aufgrund einer Behinderung an der Abgabe seiner Stimme gehindert ist, kann sich hierzu der Hilfe einer anderen Person bedienen. Die Hilfeleistung ist auf technische Hilfe bei der Kundgabe einer vom Wähler selbst getroffenen und geäußerten Wahlentscheidung beschränkt. Unzulässig ist eine Hilfeleistung, die unter missbräuchlicher Einflussnahme erfolgt, die die selbstbestimmte Willensbildung oder Entscheidung des Wählers ersetzt oder verändert oder wenn ein Interessenskonflikt der Hilfsperson besteht. Die Hilfsperson ist zur Geheimhaltung der Kenntnisse verpflichtet, die sie bei der Hilfeleistung von der Wahl einer anderen Person erlangt hat. Blinde oder sehbeeinträchtigte Wähler können sich zur Kennzeichnung des Stimmzettels auch einer Stimmzettelschablone bedienen.
(6) Das für Inneres zuständige Ministerium kann zulassen, dass an Stelle von Stimmzetteln amtlich zugelassene Wahlgeräte verwendet werden.
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Konkrete Normenkontrolle; teilw.: Richtervorlage (Art. 100 I GG, §§ 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfGG)

Öffentliches RechtVerfassungsrechtStaatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

Prüfungsschema für die von einem anderen Gericht vom Bundesverfassungsgericht erbetene Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit eines entscheidungserheblichen Gesetzes für den konkreten Einzelfall des vorlegenden Gerichts.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Zulässigkeit
  3. Zuständigkeit (Art. 100 I GG, § 13 Nr. 11 BVerfGG)
  4. Vorlageberechtigung (Art. 100 I 1 GG, § 80 I BVerfGG)
  5. Vorlagegenstand (Art. 100 I 1 GG)
  6. Formelle Gesetze
  7. Nachkonstitutionelle Gesetze
  8. Vorlagebefugnis, teilw.: Vorlagegrund (Art. 100 I 1 GG)
  9. Entscheidungserheblichkeit (Art. 100 I 1 GG)
  10. Form (§§ 23 I, 80 II BVerfGG)
  11. (Keine) Frist
  12. Begründetheit
  13. Formelle Verfassungsmäßigkeit 
  14. Zuständigkeit: Gesetzgebungskompetenz (insb. Art. 70 – 74 GG)
  15. Verfahren: Gesetzgebungsverfahren (insb. Art. 76 - 78 GG)
  16. Form: Ausfertigung und Verkündung  (Art. 82 GG)
  17. Materielle Verfassungsmäßigkeit 

 

Sowohl bei der abstrakten (Art. 92 I Nr. 2 GG), als auch bei der konkreten Normenkontrolle ist ein Gesetz Vorlagegegenstand.

  • Bei der konkreten Normenkontrolle gibt ein konkreter, vor einem Gericht anhängiger Einzelfall den Anlass für die Vorlage. Vorlageberechtigt ist somit jedes Gericht.

  • Bei der abstrakten Normenkontrolle wird das Gesetz abstrakt – also losgelöst von einem konkreten Einzelfall – auf seine Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht untersucht. Vorlageberechtigt sind besonders bedeutende Verfassungsorgane (Bundesregierung, Landesregierungen, ¼ der Mitglieder des Bundestages).

Siehe auch die Übersicht: Finden der richtigen verfassungsprozessrechtlichen Verfahrensart sowie die Übersicht über alle klausurrelevanten verfassungsprozessrechtlichen Verfahrensarten.

 

Zulässigkeit

Zuständigkeit (Art. 100 I GG, § 13 Nr. 11 BVerfGG)

Gemäß Art. 100 I GG, § 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfGG ist das BVerfG zuständig für die konkrete Normenkontrolle (auch: ‚Richtervorlage‘).

 

 

Vorlageberechtigung (Art. 100 I 1 GG, § 80 I BVerfGG)

Vorlageberechtigt ist gem. Art. 100 I 1 GG, § 80 I BVerfGG jedes Gericht.

Gericht = Jeder sachlich unabhängige, staatliche Spruchkörper (Einzelrichter, Kammer, Senat), den ein formelles Gesetz mit Aufgaben der Rechtsprechung betraut und als Gericht bezeichnet.

 

 

Vorlagegenstand (Art. 100 I 1 GG)

Art. 100 I 1 GG nennt als tauglichen Vorlagegegenstand ein Gesetz.

Im Rahmen der konkreten Normenkontrolle sind hierunter jedoch nur formelle, nachkonstitutionelle Bundes- oder Landesgesetze zu verstehen.

Formelle Gesetze

Formelle Gesetze = Gesetze, die durch das Gesetzgebungsverfahren, das die Verfassung vorschreibt, vom Parlament verabschiedet wurden.

Argument:

  • Nur für formelle, nachkonstitutionelle Gesetze hat das BVerfG – aufgrund des Grundsatzes der Gewaltenteilung und aufgrund der unmittelbaren demokratischen Legitimation des parlamentarischen, nachkonstitutionellen Gesetzgebers – ein sog. Verwerfungsmonopol. (Nur) Diese können nicht von den vorlegenden Instanzgerichten selbst verworfen werden.
  • Im Unterschied zu formellen Gesetzen werden materielle Gesetze – wie Verordnungen und Satzungen – nicht vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber, sondern von der Exekutive erlassen und können daher bereits von den einfachen Gerichten verworfen werden (vgl. z.B. § 47 VwGO) ohne dass sie vorgelegt werden müssen. Sie werden daher zur Entlastung des BVerfG nicht zugelassen.

 

Nachkonstitutionelle Gesetze

Nachkonstitutionelle Gesetze = Gesetze, die nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes (24.05.1949) vom parlamentarischen Gesetzgeber

  • selbst erlassen wurden; oder 
  • „in seinen Willen aufgenommen“ wurden - etwa durch
    • maßgebliche Bezugnahme auf das vorkonstitutionelle Gesetz in einem nachkonstitutionellen Gesetz oder
    • eine umfangreiche Änderung des vorkonstitutionellen Gesetzes (z.B. BGB, StGB).

Argument für die Zulässigkeit von vorkonstitutionellen Gesetzen, die „in seinen Willen aufgenommen“ wurden: 
Durch die Änderungen bringt der demokratisch legitimierte Gesetzgeber einen Bestätigungswillen der vorhandenen Normen zum Ausdruck, der respektiert werden muss - sodass die Instanzgerichte diese Normen also nicht selbst verwerfen dürfen, sondern vorlegen können und müssen.

 

 

Vorlagebefugnis, teilw.: Vorlagegrund (Art. 100 I 1 GG)

Art. 100 I GG hat eine sehr sperrige, differenzierende Formulierung, die dem Umstand geschuldet ist, dass das BVerfG nicht auf die Unvereinbarkeit von Landesrecht mit den Landesverfassungen prüft. Hierfür sehen die Landesverfassungen eigene Verfahren vor den Verfassungsgerichtshöfen der Länder vor.

 

Objektiv erforderlich ist die Unvereinbarkeit des Gesetzes mit höherrangigem Recht (excl. der Landesverfassungen), d.h.:

  • bei Bundesgesetzen von der Unvereinbarkeit mit der Verfassung des Bundes (GG) und
  • bei Landesgesetzen von der Unvereinbarkeit mit der Verfassung des Bundes (GG) oder mit einfachem Bundesrecht.

 

In subjektiver Hinsicht muss das Gericht von der Unvereinbarkeit mit höherrangigem deutschem Recht überzeugt sein. Nicht ausreichend sind bloße Zweifel bezüglich der Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Argumente:

  • Wortlaut: „Hält ein Gericht ein Gesetz [...] für verfassungswidrig“ (Art. 100 I 1 GG).
  • Systematik: Umkehrschluss aus Art. 93 I Nr. 2 GG mit der Formulierung „bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln“ (abstrakte Normenkontrolle).
  • Telos: Im Gegensatz zur abstrakten Normenkontrolle geht es um die Vorlage eines Gerichts, das mit professionellem juristischem Sachverstand ausgestattet ist und sich nicht enthalten (bloß zweifeln) darf, sondern selbst tiefgehend prüfen und Entscheidung treffen muss (überzeugt sein).

 

Andernfalls muss es die Norm anwenden. So auch, wenn das Gericht eine verfassungskonforme Auslegung für möglich hält (d.h. die Norm bietet Auslegungsspielräume und zumindest eine mögliche Auslegung ist nach Ansicht des Gerichts mit der Verfassung vereinbar).

 

 

Entscheidungserheblichkeit (Art. 100 I 1 GG)

Das Gericht muss nach Art. 100 I 1 GG ein Gesetz vorlegen, „auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt“ (Entscheidungserheblichkeit).

Entscheidungserheblichkeit eines Gesetzes = Die Entscheidung würde bei Gültigkeit des Gesetzes / der Norm anders ausfallen als bei deren Ungültigkeit.

Dies ist z.B. nicht der Fall, wenn:

  • nur die Begründung anders ausfallen würde, der Tenor jedoch gleich bliebe,
  • die ursprüngliche Klage (vor dem vorlegenden Gericht) ohnehin unzulässig ist, oder
  • die Norm wegen Vorrang des Unionsrechts ohnehin nicht anwendbar ist.

 

 

Form (§§ 23 I, 80 II BVerfGG)

  • Schriftform (§ 23 I 1 BVerfGG)
  • Begründung (§ 23 I 2 BVerfGG)
    • unter Angaben zur Entscheidungserheblichkeit und 
    • zur übergeordneten Norm, mit der das Gesetz unvereinbar ist, sowie
    • unter Beifügung der Akten (je § 80 II BVerfGG).

 

 

(Keine) Frist

Die konkrete Normenkontrolle ist nicht fristgebunden.

Da die konkrete Normenkontrolle nicht fristgebunden ist, kann dieser Prüfungspunkt auch weggelassen werden. Er zeigt lediglich, dass bekannt ist, dass andere Verfahrensarten vor dem BVerfG fristgebunden sind.

 

 

Begründetheit

Prüfung auf Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, d.h.:

  • im Fall von Bundesgesetzen auf Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht des Bundes (GG)
  • im Fall von Landesgesetzen auf Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht des Bundes (GG) und zusätzlich mit sämtlichen (einfachen) Bundesgesetzen.

BVerfG prüft nicht auf Vereinbarkeit mit Landesverfassungen. Hierfür sehen die Landesverfassungen eigene Verfahren vor den Landesverfassungsgerichten vor.

  • Obersatz Bundesgesetze
    Die Vorlage des [Gericht] ist begründet, wenn das [Bundesgesetz] formell oder materiell mit dem Grundgesetz unvereinbar ist (Art. 100 I 1 GG, § 13 Nr. 11 BVerfGG).
  • Obersatz Landesgesetze
    Die Vorlage des [Gericht] ist begründet, wenn das [Landesgesetz] formell oder materiell mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar ist (Art. 100 I 2 GG, § 13 Nr. 11 BVerfGG).

 

Formelle Verfassungsmäßigkeit 

Siehe hierzu ausführlich das Schema Gesetzgebungsverfahren, Art. 70 ff. GG 

Zuständigkeit: Gesetzgebungskompetenz (insb. Art. 70 – 74 GG)

Verfahren: Gesetzgebungsverfahren (insb. Art. 76 - 78 GG)

Form: Ausfertigung und Verkündung  (Art. 82 GG)

 

 

Materielle Verfassungsmäßigkeit 

Das BVerfG beschränkt sich nach st. Rspr. nicht darauf, die Verfassungsmäßigkeit einer Norm nur vom Blickpunkt des vorlegenden Gerichts und seiner verfassungsrechtlichen Bedenken aus zu erörtern. Es prüft die Norm vielmehr unter allen denkbaren verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten. Prüfungsmaßstab sind somit sämtliche Bestimmungen des Grundgesetzes.

 

Das BVerfG entscheidet nicht den vorgelegten Ausgangsfall, sondern lediglich die Rechtsfrage der Vereinbarkeit der vorgelegten Norm mit dem höherrangigen Recht (§ 81 BVerfGG).

Tenor, wenn Antrag zulässig und begründet:

  • Grundsatz
    Nichtigkeitserklärung des Gesetzes (§ 78 BVerfGG) mit Wirkung auch für die Vergangenheit (ex tunc).

  • Ausnahme
    Nur Unvereinbarkeitserklärung, in der festgelegt wird, ab wann in der Zukunft das Gesetz nicht mehr angewendet werden darf. Bis dahin kann der Gesetzgeber eine neue Norm erlassen. Wird insb. gewählt, wenn
    • der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes hat oder
    • die Nachteile des sofortigen Außerkrafttretens die Nachteile einer übergangsweisen Weitergeltung übersteigen würden (i.d.R. bei Steuergesetzen).

 

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